Lisan Magazin 10
Herbst 2010
Briefe und Briefwechsel in der Arabische Literatur
Irgendwo habe ich einmal gelesen: Jahrhunderte bevor man das Schreiben erfand, schickte eine junge Frau einen Brief an einen Mann. Er bestand aus »einem Büschel Teezweige, trocknem Gras, einem roten Apfel, einer vertrockneten Aprikose, einem Stück Kohle, einer Rose, einem Stück Zucker, einem Kieselstein, einer Falkenfeder und einer Walnuss«.
Übersetzt sagte der Brief Folgendes aus: Ich möchte meinen Tee nicht mehr alleine trinken. Ohne dich bin ich farblos wie trockenes Gras. Mein Gesicht errötet wie ein Apfel, wenn ich an dich denke. Mein Herz glüht wie Kohle. Du bist so schön wie eine Rose und so süß wie ein Stück Zucker. Warum nur ist dein Herz so hart wie Stein? Wenn ich Flügel hätte, würde ich zu dir fliegen. Ich bin – wie eine Walnuss in deiner Hand – dein.
Heute glaubt man, dass das Zeitalter der Briefe vorbei ist. Es gibt viele Gründe für den Rückgang des Briefeschreibens, die meisten davon gehen auf die technischen Errungenschaften der Zivilisation zurück wie das Telefon und Internet. Niemand wird bestreiten, dass die elektronischen Medien unser gemeinsames Kommunikationsmittel sind, welche große Distanzen überwinden und Entferntes näher bringen. Trotzdem geht von den Briefen stets ein besonderer Zauber aus, auch wenn sie als sms geschrieben sind.
Einmalig veröffentlichen wir in dieser Ausgabe zwei Textausschnitte aus der entfernten Vergangenheit: einen Auszug aus dem wissenschaftlichen Briefwechsel zwischen al-Biruni und Avicenna aus dem Jahr 998 sowie einen Auszug aus dem Sendschreiben »Buch der Geizhälse« von al-Dschahiz (776-868/69). Damit möchten wir – wenn auch nur andeutungsweise – zeigen, wie die Briefkultur schon damals rege betrieben wurde und ein unendlich weites Feld bietet, welches wir hier jedoch nicht in angemessener Tiefe behandeln und nur streifen können.
Inhaltsverzeichnis
001 Editorial
BLOG
004 Medad Blog Herr Präsident!
AKTUELL
009 Rosa Yassin Hassan Die Hüter der Lüfte
018 Ahmad Saadawi Frankenstein in Bagdad
BRIEFE UND BRIEFWECHSEL
026 Al-Dschahiz Das Buch der Geizhälse
036 Al-Biruni & Avicenna Aus dem Briefwechsel
044 Taufiq al-Hakim In der Blüte des Lebens
050 Kanafani & Samman Du bist die Prophetin dieser Dunkelheit
060 Nagib Machfus Fünf Briefe von Nagib Machfus
066 Alfred Farag Warten auf Antwort. Briefe aus dem Gefängnis
076 Abdelhakim Kassem Also werde ich weiterschreiben
084 Darwisch & Qasem Die Heimat wartet auf deine Rückkehr
100 Nizar Qabbani Brief an Gamal Abdel Nasser
104 Ibrahim Aslan Er klopfte mir auf die Schulter und ich ging
108 Ibrahim Aslan Die Kunst des Weglassens, Ein Gespräch
112 Huda Barakat Post
116 Suleman Taufiq Riad
118 Etel Adnan Briefe an Fawwaz
126 Berrada & Choukri In kerzengleicher Liebe
140 Bruno Maag im Gespräch über die Entwicklung einer Dualschrift
147 Mitwirkende in dieser Ausgabe
152 Impressum

Rüber machen
Marokkanische Sprichwörter
Der Spaziergänger von Aleppo
Heidi, Hörbuch CD
Die Küche des Kalifen
Der Mann aus den Bergen
Lisan Magazin 11
Und ich erinnere mich an das Meer
Mit dem Taxi nach Beirut
Dunkle Wolken über Damaskus
Yara tataalam nazafeht almakan-يارا تتعلم نظافة المكان
Frauen forum/Aegypten
Lulu
Suche auf See
Kleine Festungen
Keine Messer in den Küchen dieser Stadt, Arabisch
Ein Stück Kabylei in Deutschland
Orientküche
Arabische Buchstaben حروفي
Sifr al-ichtifa سفر الاختفاء
Nächstes Jahr in Bethlehem
Ebenholz
Einführung in die Quadrat Kufischrift
Erste Liebe-letzte Liebe
Der Koran als Hörbuch, Deutsch
Die Engel von Sidi Moumen
Traumland Marokko
Business-Knigge: Arabische Welt
Tage des Zorns
Ich wollt, ich würd Ägypter
Frauenmärchen aus dem Orient
Yara tuhafez ala jesmeha يارا تحافظ على جسمها
Frankinshtayn fi Baghdad فرانكشتاين في بغداد
Fikrun wa Fann 104 



